Montag, 28. September 2015

Meine Einträge von und aus Blog.de

So, jetzt hab ich es geschafft!
 
Knapp über 80 Einträge, die ich in den Jahren zwischen 2010 und 2014 bei Blog.de vorgenommen habe, sind nun via Copy & Paste in das Blogger-Portal übertragen worden.
 
Doch hört sich das einfacher an, als es ist. Einfach mal so "Copy & Paste" machen ist doch zu einfach gedacht. Am Ende hab ich bestimmt so ca. 14 Stunden an der Übertragung gesessen.
 
Warum?
 
Weil es schon mit der Formatierung anfing. Die konnte ich leider nicht 1:1 übernehmen. Deshalb sehen die Beiträge bisher nicht so wirklich optimal aus.
Es war so, dass ich bei Blog.de die Möglichkeit hatte alle Beiträge in PDF's umwandeln zu lassen. Das hab ich gemacht. Wenn man dann aber diese PDF-Texte einfach wieder hier in den Post-Editor einfügt, sieht der Text nicht mehr so aus wie vorher. Alles ist auseinandergezogen und ein einfaches "Strg+A" um alles zu markieren und dann einzustellen mit der richtigen Schriftart und Größe hat nicht funktioniert. Ein Grauen für jeden, der was mit Texten zu tun hat.
 
Also bin ich noch einen Umweg gegangen und hab die Texte vom PDF erst in ein Word-Dokument kopiert, dort hab ich dann ganz allgemein die Schriftart und Absatzart eingestellt und dann ging es erst in den Editor hier bei Blogger. Dadurch liessen sich manche Komplikationen vermeiden, die ich vorher hatte. Z.B. konnte ich nicht einfach Absätze mit der "Entf"-Taste löschen. Da wurden manchmal sogar noch welche hinzugefügt. Also ein ziemliches Elend.
Dann verschwanden manchmal Buchstaben obwohl ich gar nicht auf "Entf" oder "Return" gedrückt hatte. Man mußte also immer aufpassen.
Und ich mußte halt in mühevoller Handarbeit jeden Absatz wieder zusammenfügen, wenn der Absatz inhaltlich in seinen Sätzen zusammengehörte.
 
Nicht zuletzt waren natürlich auch die Links, die aus den Dokumenten herausführten, zu überprüfen. Und hier hat sich leider auch die Vermutung bestätigt, das nicht alle mehr funktionieren. Besonders Inhalte aus den Online-Mediatheken von ARD und ZDF sind nicht mehr vorhanden. Das habe ich aber auch schon in einem eigenen Blogartikel aufgegriffen. Die Sachlage ist klar auch wenn sie so nicht besonders toll ist.
 
Ja, so verging also die Zeit und ich wurde und wurde nicht fertig.
Jetzt aber bin ich erst mal durch.
 
Als Hinweis folgende Info:
 
Ich hab bei jedem Artikel, der aus dem alten Blogportal "Blog.de" ist, die Jahreszahl in Klammern hinter den Posttitel geschrieben. Damit weiß man, das ist ein älterer Artikel. Deshalb sollte sich niemand wundern, wenn ich im September 2015 einen Artikel mit "Willkommen 2014" poste ;-)
 
Außerdem sieht man bei jedem Artikel auch das ursprüngliche Erstelldatum am Ende jeden Textes. Das wurde idealerweise beim Export in die PDF's mit dazugeneriert. Eine wirkliche nützliche Hilfe.
 
Ansonsten muß ich mal schauen, denn was ich hier total vermisse sind sowas wie die Angabe von Schlagwörtern und überhaupt eine Suchfunktion. Das kann doch eigentlich nicht sein. Irgendwo wird es doch etwas passendes geben müssen.
 
So, dann mal schauen, ob dieser Blog dann weiter mit Einträgen bedient wird. Am Ende war ich froh, dass ich bei Blog.de in den Jahren 2013 und 2014 nicht wirklich viel gepostet hatte. Denn das hätte nur Mehraufwand bedeutet.

Das Internet ist kaputt - sagt Sascha Lobo (2014)


Das Internet ist kaputt - sagt Sascha Lobo

...

und macht mal wieder viel Lärm um relativ wenig. Allerdings fühlt sich der Lärm auch deshalb so lärmig an weil es einfach so viele Medien im Internet gibt, die diese Gedanken Sascha Lobos transportieren.

Und selbstverständlich liesen auch die Antworten / Repliken auf Lobos Gedanken nicht lange auf sich warten, so das der Eindruck entsteht, hier wird gleich ähnlich dem Outing von Ex-Fußball-Spieler Thomas Hitzlsperger ein großes Thema losgetreten.

Grundsätzlich halte ich den Artikel von Sascha Lobo für eher unausgegoren. Zwar wird mit viel kulturellem Wissen hantiert aber es wird nicht sinnvoll eingesetzt eher irreführend.
(Anmerk.: - Der Link war auf einen Artikel bei der FAZ gesetzt, scheint aber nicht mehr zu funktionieren. Wie ich nach manueller Suche bei der FAZ feststellen mußte, kann es sein, dass man jetzt für den Artikel bezahlen muß. - 28.09.2015)

Da lobe ich mir dann doch den Artikel von Alex Schestag, eine Antwort auf Sascha Lobo:


Weder ist mit dem Wort Kränkung hier großartig etwas gezeigt noch mit der Behauptung, das Internet sei kaputt. Wenn jemand gekränkt ist dann nur all diejenigen die so naiv wie Sascha Lobo waren und glaubten, das Internet wäre nur was für "die Guten". Das Internet ist eine Technologie, ganz richtig bezeichnet von Alex Schestag, die wie jedes andere Ding oder Artefakt auch zu guten oder zu schlechten Taten benutzt werden kann.

Sascha Lobo kann sich nicht als Internet-Experte ausweisen wenn er noch nie was von
Kinderporno-Händlerringen, von Nazis im Netz, von Terroristen und von deren Bombenanleitungen und ähnlichem gehört hätte. Auch das war schon von Anfang an ein Bestandteil des Internets. Da muß man noch nicht mal die ganze Geschichte um den Geheimdienst aufbringen, es reicht schon der Verweis auf die erstgenannten Tatbestände in Sachen Internet. Also ist es einfach nur reine Stimmungsmache hier von Kränkung und dergleichen zu sprechen. Schlechter Journalismus möchte man sagen.

Nur die von Schestag dann mitgetragene angebliche Falschnutzung des Internets ist meiner Ansicht nach auch nicht so glücklich formuliert obwohl ich der Meinung und dem Ansinnen nach Schestag zustimme. Ich würde es nicht so formulieren, das die Nutzung des Internets kaputt wäre sondern in Bezug auf die Tätigkeiten des Geheimdienstes doch mehr auf die weitere Entwicklung der Nutzung des Internets durch die User setzen. Das ist wie die Weiterentwicklung jedes Produkts. Nur weil ein Autoprodukt nicht mehr auf dem Markt ist weil es durch ein besseres ersetzt wurde sagt man ja nicht, das vorherige Auto war kaputt. Es war eben einfach verbesserungswürdig und das ist der kreativste Ansatz zu denken.

Auch das der Geheimdienst jetzt gänzlich im schwarzen Licht gesehen wird, ist m.E. nicht zielführend. Es gibt gewisse Gründe, die es immer noch sinnvoll erscheinen lassen, das es so etwas wie einen Geheimdienst gibt.

Das Problem ist nicht der Geheimdienst, das Problem ist, das der Geheimdienst isoliert ist und sich ausgrenzt von der parlamentarischen Kontrolle.

Hier wird man sicher neue Wege finden müssen um die Tätigkeiten des Geheimdienstes nicht zu einem krebsartigem Geschwür anwachsen zu lassen.

Wir werden aber nicht aufhalten können, das jede noch so kleine technische Neuerung, die zur Auskundschaft von Menschen genutzt werden kann auch eingesetzt wird. Dazu ist die menschliche Neugier einfach zu groß.

Deshalb muß man die menschliche Neugier sinnvoll einsetzen und im Grunde der Allgemeinheit zugänglich machen. Wir sind alle neugierig!

von onlineredakteur @ 15.01.14 - 15:13:51

Willkommen 2014 (2014)

Hallo liebe Blog-Gemeinde,

jetzt hat das Jahr schon wieder zwei Wochen überwunden und ich hab noch kein Neujahrsgruß hinterlassen.

Das muß ich jetzt aber schleunigst nachholen.

Das letzte Jahr gab es leider von mir keine weiteren Einträge. Das hat sicher auch was mit Facebook zu tun, denn da waren einfach zu viele Freunde und deren Informationen, so dass sich der soziale Austausch im Großen und Ganzen dorthin verlagerte. Man möchte ja auch nicht unbedingt zweimal zu einer Thematik was schreiben. Obwohl in digitaler Hinsicht beschränkt sich der Aufwand auf Copy&Paste. Na, mal schauen, ob es dieses Jahr wieder etwas mehr wird. Immerhin, meine alten Einträge sind noch alle da und so sollte es auch sein.

Andererseits hatte ich mein Augenmerk stark auf mein Musikprojekt "BLUE72" gelegt. Zwei kleine
Mini-EP's sind raus und ein Video. Kann man sich alles anhören oder anschauen wenn man von meiner Homepage www.blue72.de sich weiterhangelt. Oder mal bei Youtube "Don't Dream Tonight" eingibt.

In dieser Beziehung hoffe ich auch auf weitere Entwicklung denn das Projekt liegt mir schon sehr am Herzen.

Nichtsdestotrotz, das Engagement zu einem meiner Lieblingsthemen, dem Bedingungslosen
Grundeinkommen hat nicht abgenommen, es ist nach wie vor aktuell. Die Demo in Berlin im September 2013 war sicher wichtig, ich hab mich sogar zu einem Song inspirieren lassen.

Aber auch die Petition am Ende des Jahres von Inge Hannemann zur Abschaffung der Sanktionen bei HartzIV war ein großes Ereignis und hat damit auch schon Schatten in das jetzige Jahr geworfen.

Das soll es erst mal gewesen sein.

von onlineredakteur @ 15.01.14 - 14:31:25

Herzlich willkommen 2013 (2013)

Hallo

ich grüße die Blog-Gemeinde im neuen Jahr 2013!

Ich hoffe, es gibt viele neue, interessante Geschichten zu entdecken.

Oder eben auch mahnende Worte, revolutionäre Gedanken und zündende Ideen, damit die Masse in Schwung kommt!

Meine Generation, die 1970-er stehen jetzt in der Verantwortung, sind im Leben etwa an der Hälfte des eigenen Daseins angekommen und sie müssen jetzt aus dem Erbe ihrer Vorgänger-Generation etwas gescheites machen.

Und es geht um nichts weniger bedeutendes als die Einheit Europas im Einklang mit den kleineren Einheiten der Staaten und Ländern und Gemeinden zu konstruieren. Das ist etwas einmalig neues.

Ich wünsche allen Gutes Gelingen!

von onlineredakteur @ 02.01.13 - 21:20:58

Verteilungsgerechtigkeit aus Theorien sozialer Gerechtigkeit - Kersting (2011)

"Wie könnte ein vollständiger Begriff der Verteilungsgerechtigkeit gewonnen werden? Eine
vollständige Konzeption der Verteilungsgerechtigkeit wird zwei unterschiedliche
gerechtigkeitstheoretische Dimensionen miteinander verknüpfen müssen: auf der einen Seite
die auf Kooperationsgemeinschaften zugeschnittene Gerechtigkeitsdimension der
angemessenen Lasten- und Gewinnverteilung innerhalb eines Systems des wechselseitigen
Vorteils, kurz die Dimension einer Gerechtigkeit des wechselseitigen Vorteils; und auf der
anderen Seite die auf Solidargemeinschaften zugeschnittene Gerechtigkeitsdimension der
markt- und leistungsunabhängigen, unparteilich jedem zuteil werdenden Grundversorgung.
Sie wird eine Lösung sowohl für das ursprüngliche, kooperationsgemeinschaftliche
Gerechtigkeitsproblem als auch für das abgeleitete solidaritätsgemeinschaftliche
Gerechtigkeitsproblem vorschlagen müssen. Die Lösung dieses abgeleiteten
Gerechtigkeitsproblem ist von großer legitimatorischer Bedeutung für den Wohlfahrtsstaat.
Der Wohlfahrtsstaat ist keine moralisch neutrale Form der Zentralisierung und Koordination
konkreter und spontaner Solidarität, sondern ein Zwangsverband, die die mitmenschlichen
Unterstützungsleistungen abgaben- und steuerpolitisch erzwingt un die lebensweltlichen
Netze der freiwilligen privaten Hilfe durch ein bürokratisches System umfassender
Zwangsmitgliedschaft und gesetzlicher Umverteilung ersetzt.S. 163f"

von onlineredakteur @ 30.01.12 - 17:56:26

Theorien sozialer Gerechtigkeit - Kersting (2011)

Ein Zitat, dessen Inhalt meine vollste Zustimmung bekommt!:

"Gleichwohl waren kommunitaristische und libertäre Kritik von der richtigen
methodologischen Intuition geleitet: das Gelingen politischer Philosophie ist in hohem Maße
abhängig von einer angemessenen Personenkonzeption. Man muß wissen, wer und was der
Mensch ist, um zu wissen, welche Ordnung er benötigt, welche Güterverteilung er verdient
hat und beanspruchen darf, welche Politik ihm bekömmlich ist.S. 148"

von onlineredakteur @ 30.01.12 - 17:46:02

Die Rezeption des Differenzprinzips bei Kersting (2011)

Heute wollen wir ein Zitat aus Kerstings Buch "Theorien sozialer Gerechtigkeit" nehmen, in dem er über das von John Rawls bezeichnete Differenzprinzip eine interessante Bemerkung macht.

Die inhaltliche Bedeutung des Differenzprinzips kann man bei Wikipedia finden, hier der Link:


Jetzt die Bemerkung von Kersting dazu:

"Aber sicherlich wird es das Hauptziel des Differenzprinzips sein müssen, die
Kooperationsgemeinschaft nicht schrumpfen und nicht ausfransen zu lassen, der
Verknappung der Arbeit entgegenzuwirken und strukturelle Arbeitslosigkeit entschieden zu
bekämpfen. Daher, so sollte man meinen, gilt die gerechtigkeitsethische Hauptsorge des
Differenzprinzips gar nicht der Gestaltung von Umverteilungen und Transferzahlungen,
sonderm dem Arbeitsmarkt und der Arbeitsproduktivität. Gerade angesichts wachsender
Arbeitslosigkeit wird die Forderung nach der Maximierung des sozialen Minimums nicht zu
einer Strategie führen dürfen, die durch Verteuerung der Arbeit die Arbeitsproduktivität, die
Wertschöpfung pro Arbeitenden senkt, die eine Lohnzunahme begünstigt, die nicht hinter
dem Produktionsfortschritt zurückbleibt und daher - unter den gegebenen und überdies ja
auch gerechtigkeitsethisch vorzugswürdigen Bedingungen der Marktwirtschaft - keine neuen
Arbeitsplätze schaffen wird. Sondern das soziale Minimum, das die Aufmerksamkeit der
Gerechtigkeit verdient, muß unter dem Einfluß der Arbeitsverknappung neu definiert werden.
Wenn man den Gedanken akzeptiert, daß das Differenzprinzip gerade wegen seiner Sorge um
die sozio-ökonomische Position und der Selbstachtung der Schlechtestgestellten immer auch
ein Prinzip der Maximierung von Arbeitsplätzen, also ein Prinzip zur Verhinderung der
Schrumpfung der Kooperationsgemeinschaft sein muß, dann wird Gerechtigkeitspolitik all
das ins Auge fassen müssen, was in Politik und Wirtschaft signifikante arbeitsmarktpolitische
Negativauswirkungen produziert, das Initiativen strangulierende institutionelle Regelwerk der
Arbeitsgesellschaft, die Regulationsdichte der Vorschriften und Normen mit ihren
bürokratischen Begleitwucherungen ebenso wie die politischen Einwirkungen auf die
Arbeitskosten, sei es durch wirtschaftlich unvernünftige, überlebte Industrien an den
Steuertropf legende Subventionsprogramme, sei es durch die ganzen Bündel der
psychologischen wie ökonomischen Fehlanreize der expandierenden Sicherungssysteme des
Sozialstaats, sei es schließlich durch die unverdrossene Bereitschaft, die Steuern und
Abgaben der Bürger zu erhöhen,um die Klientengruppen des Wohlfahrtsstaates
zufriedenzustellen. S. 108f.

Erst mal langer Satz, wer es bis zum Ende geschafft hat UND auch verstanden hat: Herzlichen Glückwunsch!

;-)

Das ist halt typisch Kersting-Stil. Nicht einfach.

So, jetzt zum Inhalt.

Was ich ansprechen wollte, ist u.a. Kerstings Behauptung die Arbeit würde sich verknappen.

Dieses Argument hört man durchaus immer wieder aus verschiedenen politischen oder wissenschaftlichen Lagern. Meines Erachtens ist das aber zu ungenau.

Was Kersting nicht macht, ist den Begriff der Arbeit zu differenzieren.

Wir können von einer Dreiteilung der Arbeit sprechen, d.h. von drei verschiedenen Aspekten von Arbeit, die einen Teil der Wirklichkeit ausmachen und sich nicht auf die jeweils anderen Teile reduzieren lassen.

Die drei Bereiche nennen wir:

1. Erwerbsarbeit

2. Kulturarbeit

3. Eigenarbeit

Alle drei Bereiche haben einen eigenen Anspruch auf Wahrheit und können nicht aufeinander reduziert werden.

Der Punkt ist, Kersting bezieht sich in seinem Zitat auf Erwerbsarbeit, das machen seine Äußerungen ja deutlich, ohne das er sich aber bewußt ist, das er auf Erwerbsarbeit referiert.

Und hier kann man schon die erste Ungenauigkeit feststellen. Selbst wenn sich Erwerbsarbeit verknappen sollte, dann heißt das nicht das die Kulturarbeit und die Eigenarbeit auch knapper werden. Ganz gewiss nicht.

Zu den Begriffen: Kulturarbeit meint im Grunde die intersubjektive Arbeit des Menschen an und mit seinem Mitmenschen. Welche Werte wollen wir in einer Gesellschaft leben und vertreten. Das ist Kulturarbeit. Oder bezogen auf ein Unternehmen sprechen wir auch von Unternehmenskultur im allgemeinsten Sinne.

Eigenarbeit ist die Arbeit, die jeder selbst an sich richtet, die eigenen Erfahrungen betreffend, mit
Herausforderungen umgehen, wie man sich selbst sieht. Auch diese Arbeit wird, und da brauch ich kein Prophet sein - sich NIE verknappen.

Kersting nimmt also nur einen Teilausschnitt von Arbeit wahr und bezieht darauf das Differenzprinzip.

Vielleicht müsste auch das Differenzprinzip noch einmal eine Dreiteilung erfahren um sich auch auf die anderen Arten von Arbeit zu beziehen.

Der nächste Punkt ist, es mag sein, das sich Erwerbsarbeit verknappt, aber dann müsste man auch sagen, in welchen Bereichen genau das vonstatten gehen soll.

Worauf ich hinaus will, ist, als vor über 100 Jahren das Auto erfunden wurde, hat sich die Arbeit der
Droschkenkutscher erheblich verknappt - das war zwar ein Problem aber dafür entstand ja andere Arbeit, nämlich die Fließbandaarbeit in der Automobilhalle.

Insofern ist das mit der Arbeitsverknappung etwas kritischer zu beleuchten. Wir können zwar schon sagen, das sich vieles heute durch automatische Abläufe vermaschinisiert hat, aber das kann auch wiederum nur der Anfang von einer anderen Art von Arbeit mit sich bringen. Der Dienstleistungsektor scheint mir da z.B. besonders wichtig zu sein.

Also selbst wenn wir nur den Teilbereich der Erwerbsarbeit sehen, müssen wir uns bemühen, genauer zu sagen, wo wir Arbeitsverknappung sehen und damit rechnen, das sich andere Arbeitsfelder auftun von denen wir gestern noch nicht wußten, das es sie mal geben wird.

Doch selbst wenn wir davon ausgehen, das sich Erwerbsarbeit verknappt, dann bleibt dennoch die Frage, warum soll das jetzt ein Problem sein das wir nur lösen könnten, indem wir alles tun, um wieder Erwerbsarbeit für alle zu ermöglichen. Stichwort Vollbeschäftigung. Vielleicht ist es auch ganz gut, das wir Erwerbsarbeit nur einen Teil unseres Lebens widmen (im Grunde tun wir das ja schon) und deshalb unsere sozialen Strukturen eben darauf ausrichten.

Da ich ja schon etwas weiter im Buch von Kersting gelesen habe, fand ich es ganz spannend, als er in einem späteren Abschnitt beispielsweise den Begriff der Bürgerarbeit ins Spiel brachte. Also hat Kersting eigentlich schon selber etwas seine hier geäußerten Worte relativiert. Er bringt es nur leider nicht in einen Zusammenhang.

Ich hoffe, ich schaffe es, das Zitat auch noch zu erwähnen. Es ist ungemein interessant. Dazu aber später.

von onlineredakteur @ 21.12.11 - 21:11:16

Die Verteilungsgerechtigkeit des egalitären Liberalismus bei Kersting (2011)

Heute ein Zitat von Kersting, in dem er beschreibt wie die egalitären Liberalisten den Markt sehen. Markt verstanden als der ökonomische Handelsplatz, der die Verdienste und damit den Unterhalt der Menschen regelt.

"Und nicht nur das natürliche Schicksal verteilt die Startbedingungen ungleich; auch das
Sozialschicksal ist zu den Menschen nicht fair. Der eine findet in seiner Familie die beste
Ausgangssituation vor; einer behüteten Kindheit folgt eine erfolgreiche Karriere. Der andere
ist zeitlebens von den Narben der sozialen Verwahrlosung gezeichnet und kommt keinen
Schritt voran. Der Markt ist keinesfalls eine Glücksschmiede für jedermann, er ist ungerecht,
denn er macht keinerlei Unterschiede. Er reagiert auf die unterschiedlichen
Ausgangspositionen der Individuen gleich; und das führt dazu, daß die, die ohnehin schon
bevorzugt sind, belohnt werden, und die, die ohnehin bereits benachteiligt sind, bestraft
werden, obgleich weder die einen ihre natürliche und soziale Besserstellung noch die anderen
ihre natürliche und soziale Schlechterstellung verdient haben.
Würden wir allein den Markt als Verteilungsregel gesellschaftlicher Güter akzeptieren, dann,
so argumentieren die Egalitaristen, würden wir uns dem Diktat der moralisch
unverantwortlichen Natur und der kontingenten sozialen Herkunft unterwerfen. Es gehört
aber zu der Grundüberzeugung des egalitären Liberalismus, daß sich ein gesellschaftliches
Verteilungssystem die Verteilungskriterien gesellschaftlicher Güter nicht durch die
willkürlichen Fähigkeitsverteilungen der Natur und das unterschiedliche Sozialschicksal
vorgeben lassen darf. Es darf sich nicht einer naturwüchsigen Entwicklung überlassen, die die
Willkür der natürlichen Begabungsausstattungen und die Zufälligkeit der Herkunft in den
gesellschaftlichen Bereich hinein verlängert und sozio-ökonomisch potenziert. Aufgabe eines
gesellschaftlichen Verteilungssystem ist es vielmehr, die Verteilungskriterien autonom und
einvernehmlich festzulegen und die natürliche Verteilungswillkür hinsichtlich der Fähigkeiten
als auch die Zufälligkeit der sozialen Startpositionen auf der Grundlage vernunftbegründeter
Gerechtigkeitsregeln zu korrigieren. Egalitaristische Gerechtigkeit zielt auf
Dekontingentisierung der natürlichen und sozialen Umstände der individuellen
Lebenskarriere. S. 66f. "

Was wieder mal nicht so deutlich wird, ist es nun die Meinung Kerstings, oder gibt er nur die Meinung der egalitären Liberalisten wider. Manchmal könnte man den Eindruck gewinnen, Kersting sucht sich da so ein bißchen raus, da wo er auch einer Meinung ist, schreibt er in Ich-Form, in den anderen Fällen schreibt er in der Es-Form.

Zum Markt: Hier begeht Kersting einen kleinen Fehler. Die Natur ist weder moralisch noch unmoralisch, sie ist amoralisch, jedenfalls in Bezug auf Gerechtigkeit. Und genauso ist es mit dem Markt, er ist nicht ungerecht, aber auch nicht gerecht. Die Frage der Gerechtigkeit stellt sich für den Markt, isoliert betrachtet nicht. Der Markt funktioniert und das ist alles.

ABER: selbstverständlich ist der Markt, mehr als die Natur, etwas, was von Menschenhand entworfen wurde, und deshalb spielt die Moral immer mit hinein, aber dann muß man dies auch genau verorten.

Aus integraler Sicht würden wir hier innerhalb des 4-Quadranten-Modells sagen, die Art des Marktes ist eine gesellschaftliche Institution und gehört damit in den Quadranten unten rechts und der Sinn des Marktes ist es, einfach Wahrheit zu schaffen im Sinne von objektiven Tatsachen.

Die Regeln des Marktes aber werden in einem kulturellen Austausch getroffen, sie werden intersubjektiv getroffen und damit ist dieser Teil im linken unteren Quadranten anzusiedeln und hier wird nach der Frage des Guten, nach der Frage der Moral entschieden.

Diese beiden Seiten unterscheidet Kersting nicht klar, sie sind zugegebenermaßen ja auch zwei Seiten einer Medaille, aber sie können nicht aufeinander reduziert werden, das ist der Punkt.

Was Kersting dann macht, nämlich zu erklären, das das philosophische Ziel des egalitären Liberalismus sei, Moral ins Spiel zu bringen und damit über eine traditionelle utilitaristische Grundlegung des Wohlfahrtsstaates hinausgeht, das ist im Grunde nur die Betonung des linken unteren Quadranten, der ganz richtig genauso wichtig ist wie der rechte untere Quadrant. Aber der Utilitarismus verletzt in der Beziehung eigentlich nichts, er ist nur unvollständig. Er verletzt dann etwas, wenn er behauptet, nur seine Theorie wäre richtig, dann wäre das Quadrantenabsolutismus, der rechte untere Quadrant würde die anderen Quadranten beherrschen.

Außerdem gefällt mir die Art und Weise der Erklärung von Kersting nicht, was die Unterscheidung von Natur und Moral angeht. Hier verwechselt er Quadranten mit Ebenen, einmal rekurriert er bei seiner Kritik am Markt auf den Quadranten rechts, ein andermal auf eine Ebene, die unterhalb der menschlichen Entwicklung liegt, auf die Biosphäre. Der Mensch ist ja gerade Mensch weil er sich über eine naturwüchsige Entwicklung hinaus entwickelt hat, deshalb KANN und DARF der Mensch mehr als die Natur, Gerechtigkeit einfordern.

von onlineredakteur @ 29.11.11 - 12:25:48

Kant über distributive Gerechtikeit bei Kerstings Theorien der sozialen Gerechtigkeit (2011)

Ein interessantes Statement gab Kersting in seinem Buch "Theorien der sozialen Gerechtigkeit" von sich, als er im Kapitel "Kant über distributive Gerechtigkeit" über das Schwinden der Moral in unserer heutigen Zeit schrieb. Eben im Kontext von Gerechtigkeitstheorien. Ich werde das erst mal so aufnehmen, vielleicht wird es später noch wertvoller sein.

"Der durch erzwingbares Recht geordnete soziale Frieden ist eine allgemeine
Vorteilsdistribution, und um sich den Bedingungen zu unterwerfen, die die Wirklichkeit
dieser für jedermann vorteilhaften Ordnung garantiert und ihre Aushöhlung durch
free-rider-Parasitismus verhindert, ist keinerlei moralische Disziplinierung, kein Gemeinsinn,
keine Tugendhaftigkeit der Bürger vonnöten. Dieses liberale Integrationsprogramm basiert
auf einem motivationalen Externalismus, der alle Disziplinierungskosten dem rationalen
Zusammenspiel von zwangsbewehrter Rahmenordnung, rationalem Anreizsystem und
strategischer Anpassung überträgt. Dieses kluge Ordnungsarrangement benötigt keine
distributive Gerechtigkeit von Platonischem und Aristotelischem Zuschnitt. Wenn die Tugend
aus dem Gemeinwesen verschwindet, dieses durch staatliches Maschinenwerk ersetzt wird,
gibt es kein tugendagonales Wetteifern der Bürger, keine substantielle, von Seiten des
Gemeinwesen zu fördernde und zu kultivierende Verdienstlichkeit mehr, gibt es nur noch die
Verdienstlichkeitsformeln ritueller Staatsbegräbnisrhetorik. Diese Eigentümlichkeit der
politischen Moderne, sich von der Tugend der Bürger unabhängig zu machen und sie daher
verkümmern zu lassen und auf die ethischen Kultivierungsleistungen einer iustitia
distributiva zu verzichten, hat bereits Montesqieu im Rahmen seiner Monarchiebeschreibung
herausgestellt:...S. 49"

Wenn man die abstrakte Formulierung mal wieder halbwegs verstanden hat, dann scheint es so, als ob Kersting hier eine Kritik an dieser von Kant vorgestellten Idee über distributive Gerechtigkeit üben möchte.

Andererseits könnte man darin tatsächlich ein Faktum der heutigen Zeit sehen, aber es wird nicht deutlich, ob Kersting das so behauptet oder nicht.

Als Hintergrund vielleicht noch, weil Kersting am Ende des Zitats schreibt "...auf ethische
Kultivierungsleistungen...zu verzichten" - er rekurriert hier auf die in der Geschichte vorher in der
griechischen Antike entworfene Vorstellung von distributiver Gerechtigkeit, bei der Verteilungsgerechtigkeit auf Tugendbelohnung abzielt.

von onlineredakteur @ 27.11.11 - 22:54:15

Wachstum und Theorien der sozialen Gerechtigkeit (2011)

Einen interessantes Argument liefert Wolfgang Kersting in seinem Buch "Theorien der sozialen
Gerechtigkeit" hinsichtlich der Notwendigkeit von Wachstum. Er glaubt, das es dadurch erst möglich wird auch mehr zu verteilen. Das Argument ist durchaus ernst zu nehmen. Hier aber erst einmal die Textpassage, bei der es zunächst um das Verständnis von Gütern allgemein geht:

"Güter können rivalisierend oder nicht-rivalisierend sein. Um rivalisierende Güter handelt es
sich, wenn die Verbesserung der Versorgungssituation des einen eine Verbesserung der
Versorgungssituation des anderen ausschließt. Wenn rivalisierende Güter unvermehrbar sind,
liegen statische Konkurrenzverhältnisse vor. Wenn rivalisierende Güter vermehrbar sind,
können wir von dynamischen Konkurrenzverhältnissen sprechen. Beispiele unvermehrbarer
rivalisierender Güter sind etwa Schokoladenriegel, die die Mutter vom Einkaufen mitgebracht
hat, Ufergrundstücke am Starnbergersee, Land und Bodenschätze. Vermehrbare rivalisierende
Güter kann es trivialerweise nur dort geben, wo es Güterwachstum gibt; und Güterwachstum
gibt es in einer auf Wachstum angelegten Wirtschaftsordnung. Die Verteilungsgerechtigkeit
trifft bei unvermehrbaren rivalisierenden und vermehrbaren rivalisierenden Gütern
offenkundig auf unterschiedliche Probleme. Während sie im Fall unvermehrbarer
rivalisierender Güter sich im Dreieck von Erwerbsgeschichte, Besitzrecht und
Gebrauchszugang bewegt, muß sie sich im Fall der vermehrbaren rivalisierenden Güter wie
etwa Einkommen und Arbeitsplätze auf die Aufgabe einlassen, die Verteilung vermehrbarer
Güter mit den Vermehrungsbedingungen vermehrbarer Güter zu harmonisieren. Und da wohl
davon auszugehen ist, daß grundsätzlich die Gerechtigkeitschance der Verteilungssituation
mit der Zunahme der Güter steigt, sollte es niemanden überraschen, daß die
Verteilungsgerechtigkeit ein fundamentales Interesse an Wachstum hat. Wachstumsschwäche
führt zumindest mittelfristig auch zu einer Gerechtigkeitssklerose. S. 30 "

Wenn der Leser sich dann durch die etwas hochgestochene Formulierung gewühlt hat, das geht das ganze Buch so, dann kommen wir jetzt zu dem angesprochenen Punkt. Ich meine, Gerechtigkeitssklerose ist natürlich eine tolle Sprachschöpfung, das kann ich auch würdigen. :D

Wachstum ist notwendig um etwas verteilen zu können. In der Tat, ich glaube, das entbehrt nicht einer gewissen Logik.

Warum sind dann so viele heutzutage gegen Wachstum?

Wachstumskritiker sind meist dem linken Spektrum zuzuordnen.

Aber ich glaube, es gibt kein vernünftiges Argument gegen die logische Schlußfolgerung, habe ich mehr, kann ich auch mehr verteilen. Und mehr hab ich nur durch Wachstum.

Soweit so gut.

Was natürlich hier jetzt nicht weiter thematisiert wird, was aber in der derzeitigen Wachstumskritik anklingt ist, das das, was an mehr, an Wachstum generiert wird nicht mehr allen proportional gleich zu kommt sondern das immer weniger Menschen immer mehr die Früchte des Wachstums ernten während immer mehr Menschen immer weniger von diesem Wachstum haben.

An der betroffenen Textstelle geht Kersting darauf nicht ein, obwohl es indirekt auch etwas mit
Verteilungsgerechtigkeit zu tun hat und es nicht reicht, einfach nur die logischen Gründe für Wachstum aufzuzeigen. Es muß auch gesagt werden, das Wachstum nur dann gerecht ist, wenn es allen zu Gute kommt.

von onlineredakteur @ 21.11.11 - 22:20:56

Theorien der sozialen Gerechtigkeit von Wolfgang Kersting (2011)

Hallo,

neue Lektüre hat sich in meinem Bücherregal breit gemacht, wissenschaftliche Lektüre, wahrscheinlich ist da immer noch der Student in mir, der sich gern solche Sachen durchliest.

Da ich selber von der Idee des Bedingungslosen Grundeinkommens fasziniert bin, hab ich vor diesem Hintergrund eine gewisse Motivation allgemeine Fragen zu Staat und Verteilung von Gütern zu erhalten und so fiel mir also dieses Buch in die Hände.

"Theorien der sozialen Gerechtigkeit" von Wolfgang Kersting - das hat ja doch durchaus was mit dem BGE zu tun, immerhin spricht auch Wolfgang Kersting von einer Grundversorgung - allerdings, da ich das Buch noch nicht zu Ende gelesen habe, bisher eher in einem ganz allgemeinen Sinne. Also mehr als Frage gemeint, mit der der wissenschaftliche Abriss der Gerechtigkeitstheorien bewertet wird.

Wie sieht Grundversorgung in der Theorie aus, was versteht man darunter usw....

Nachdem ich nun also die ersten Kapitel durchwühlt habe, gibt es erst mal allgemeine Bemerkungen zum Buch und zum Stil und damit indirekt auch zum Autor.

Also ich glaub, wenn ich grad anfangen würde mit studieren, hätte ich das Buch schon nach den ersten 20 Seiten weggelegt, einfach weil ich nichts verstanden hätte.

Woran liegt es. An der hochrationalen Schreibweise von Herrn Kersting. Fremdworte ohne Ende und man möchte fast um wenigstens ein wenig Kreativität reinzubringen meinen auch schöne Wortschöpfungen, die aber wahrlich nicht immer einfach zu verstehen sind.

Das ist natürlich schon wissenschaftlich, andererseits steht die Frage, wenn das Buch eine Art Einführung in die Theorien sozialer Gerechtigkeit sein soll, dann wäre es für mich nicht empfehlenswert. Die Art und Weise des Schreibstils könnte man eher in irgendwelchen Fachzeitschriften erwarten, weil das eh nur Wissenschaftler lesen.

Hinzu kommt das Talent von Herrn Kersting lange verschachtelte Sätze zu bilden. Folgendes Beispiel war ganz aktuell und es verdeutlicht genau das Problem:

"Vor diesem Hintergrund läßt sich das Differenzprinzip als progressive Benutzungsgebühr
verstehen, die die Individuen für die perfektionistische, ihren Lebenserfolg verbessernde,
zumindest ihren sozio-ökonomischen Grundgüterbesitz mehrende Inanspruchnahme des
günstigen kooperationsgemeinschaftlichen Entwicklungssystems zu entrichten haben und die
für die Besserstellung der Schlechtestgestellten innerhalb dieses Systems zu verwenden ist,
die unter der hier nicht zu diskutierenden Voraussetzung eines durchgängig dem
Maximin-Prinzip folgenden Entscheidungsverhaltens, durch das kontraktualistische
Argument als unerläßliche gerechtigkeitsethische Legitimitätsbedingung sozio-ökonomischer
Ungleichheit aufgewiesen wurde. S. 170 "

Ein Satz! Alles klar. Und das ist keine Ausnahme! Wer also auf der Suche nach wissenschaftlich
anspruchsvollem Brimborium ist, der wird hier fündig.

Das also erst einmal so zum Einstieg. Es werden weitere Kommentare folgen.

von onlineredakteur @ 18.11.11 - 22:04:37

Sonntag, 27. September 2015

Das Ende des Untergangs vom Abendland (2011)

Wie sicher schon richtig vermutet wurde weil seit geraumer Zeit kein weiterer Artikel zum Buch "Der
Untergang des Abendlandes" von Oswald Spengler von mir publiziert wurde, ist das Manöver Buchrezension zu diesem Buch beendet.

Nach fast 600 Seiten hab ich Schluß mit dem Buch gemacht. Ich las noch einige Seiten aus dem zweiten Band, in denen Spengler aber doch recht wilde Theorien aufstellte und somit das Lesen zunehmend auf eine harte Probe gestellt wurde.

Ich hab mich dann dafür entschieden, meine Zeit sinnvoller zu verwenden und das Werk von Spengler erst einmal wieder in den Schrank zu stellen.

Spengler's Theorie ist einfach sehr ungenau und in vielem auch nicht leicht verständlich, damit kann er am Ende die Leserschaft nicht überzeugen.

Auch wenn ich grundlegend die Idee, Kulturen wie Organismen zu betrachten, als sinnvoll erachte, so bedarf es doch einer ganzer Menge an erklärenden Material um so eine Theorie mit Leben zu füllen. Und das Material muß dem heutigen wissenschaftlichen Standard halbwegs entsprechen, sobald es mit Metaphysik belastet wird, muß es dafür einen triftigen Grund geben.

Soweit von mir, aber die nächsten Lektüre-Einheiten warten schon.

von onlineredakteur @ 15.11.11 - 21:04:02

Der Untergang des Abendlandes - Fortsetzung Teil 18 (2011)

Ein durchaus bemerkenswerter Satz findet sich auf Seite 337 in Spengler's Werk:

 
"Die abendländische Formensprache ist reicher. Das Porträt gehört der Natur und der
Geschichte an. S. 337"

Spengler wollte damit sagen, das das Abendland mit Hinblick auf Akt- und Porträtzeichnung umfassender ist als die Antike. In der Antike so sagt Spengler, ist die antike Statue ein Stück gegenwärtiger Natur und nichts außerdem.
Das stimmt vielleicht nicht ganz in der Radikalität, denn auch der Naturbegriff der Griechen wird mehr oder weniger von dem Selbstbild beschrieben, den die Griechen damals hatten, also von der Kultur, dem metaphysischen Urgrund, wie es Spengler beschrieben hätte. Aus integraler Sicht würden wir sagen, vom Bewußtseinsschwerpunkt.

Aber ansonsten ist in dem Zitat genau das integrale Denken enthalten, was ich sonst bei Spengler vermisse.

Wenn die Zeit fortschreitet, wird alles was früher war immer in dem enthalten sein, was heute ist, ganz platt ausgedrückt. Aber was früher mal allein bestimmend war rückt mit weiterer Entwicklung ab zu einem Teil, das Teil eines nun größeren Ganzen ist.

So gesehen ist der Satz also wirklich sehr treffend.

von onlineredakteur @ 28.10.11 - 17:19:47

Der Untergang des Abendlandes - Fortsetzung Teil 17 (2011)

Heute geht es um einen interessanten Fakt, der Spengler aufgefallen ist:

 
"In der ebenfalls damals, zugleich mit der Ölmalerei und dem Kontrapunkt herangereiften
Gartenkunst erscheinen dementsprechend die langgestreckten Teiche, Buchengänge, Alleen,
Durchblicke, Galerien, um auch im Bilde der freien Natur dieselbe Tendenz zum Ausdruck zu
bringen, welche die von den frühen Niederländern als Grundaufgabe ihrer Kunst empfundene
und von Brunellesco, Alberti und Piero della Francesca theoretisch behandelte
Linearperspektive im Gemälde darstellt. Man wird finden, daß sie als die mathematische
Weihe des durch den Rahmen seitlich abgegrenzten und in die Tiefe mächtig gesteigerten
Bildraumes - sei er Landschaft oder Interieur - gerade damals mit einer gewissen
Absichtlichkeit zum Vortrag gebracht wurde. Das Ursymbol kündigt sich an. Im Unendlichen
liegt der Punkt, in dem die perspektivischen Linien zusammentreffen. Weil sie ihn vermied,
weil sie die Ferne nicht anerkannte, besaß die antike Malerei keine Perspektive. Folglich ist
auch der Park, die bewußte Gestaltung der Natur im Sinne räumlicher Fernwirkung, innerhalb
der antiken Künste unmöglich. Es gab in Athen und Rom keine irgendwie bedeutende
Gartenkunst. S. 310"

Der Zusammenhang ist interessant und die Fakten sind richtig, allein die Interpretation Spenglers ist etwas unglücklich.

Ganz richtig ist im aufgefallen, das die Perspektiven-Malerei erst später entstanden ist. Und das ein
Nicht-Kennen der Perspektive selbstverständlich auf alle Gebiete einen Einfluß hat, eben wie auch das Kennen der Perspektive einen Einfluss auf alle Gebiete der menschlichen Kultur hat.

Nur ist Ursache für die Perspektive nicht im Ursymbol zu suchen sondern im menschlichen Bewußtsein, das sich dahin entwickelt hat.
Offenbar und die Belege, auch die von Spengler, scheinen es deutlich zu machen, verstand man im antiken Griechenland noch nicht viel von dreidimensionaler Malerei. Ähnlich wie jeder Mensch wenn er als Kind Bilder malt, diese 3. Perspektive fehlt. Obwohl man es doch eigentlich sehen müsste, man bewegt sich ja permanent im Alltag in einer 3-D-Welt. Aber das Bewußtsein muß das erst erkennen und dann öffnet sich die dritte Dimension.

Spengler macht wieder den Fehler zu meinen, die alten Griechen hätten mit Absicht die Ferne, also die Perspektive nicht anerkannt. Das stimmt aber nicht. Sie war ihnen noch nicht bewußt, das ist der Punkt. Will man die Ferne nicht anerkennen, dann muß man vorher wissen, was sie eigentlich ist. Die Griechen wußten es nicht, das machen auch die Beschreibungen Spenglers deutlich, z.B. wenn er über das Geschichtsbewußtsein der alten Griechen schreibt. Auch hier gibt es dieses Phänomen, das kaum sind ein paar Jahre vergangen, die Griechen schon längst das Ereignis vergessen hatten, während es in späterer Zeit eine regelrechte Entwicklung eines Geschichtsbewußtseins gegeben hat. Auch das hat mit der Entwicklung des Bewußtseins allgemein zu tun.

von onlineredakteur @ 26.10.11 - 16:17:53

Der Untergang des Abendlandes - Fortsetzung Teil 16 (2011)

Passend zum letzten Zitat heute eine weitere Textstelle aus Spengler's Werk die unterstreicht, das Spengler die Kultur, den Stil, der im Grunde dasselbe ist wie Kultur als etwas metaphysisches ansieht, was nicht erklärt werden kann. Womit er fein raus ist, hat er gedacht, der gute Oswald. Aber es hat seinem Anliegen eher geschadet. Wie auch immer, hier erst mal die Textstelle:

"Der Wert, welchen die Kunstwissenschaft von jeher auf eine zeitlose begriffliche Abgrenzung
der einzelnen Kunstgebiete gelegt hat, beweist lediglich, daß man in die Tiefe des Problems
nicht eingedrungen ist. Künste sind Lebenseinheiten, und Lebendiges läßt sich nicht
zerstückeln. Nach den alleräußerlichsten Kunstmitteln und Techniken das unendliche Gebiet
in vermeintlich ewige Einzelstücke - mit unwandelbaren Formprinzipien! - zu zerlegen, das
war immer der erste Schritt gelehrter Pedanten. Man trennte "Musik" und "Malerei", "Musik"
und "Drama", "Malerei" und "Plastik", dann definierte man "die" Malerei, "die" Plastik, "die"
Tragödie. Aber die technische Formensprache ist nicht viel mehr als die Maske des
eigentlichen Werkes. Stil ist nicht, wie der flache Semper - ein echter Zeitgenosse Darwins
und des Materialismus - meinte, das Produkt von Material, Technik und Zweck. Er ist im
Gegenteil das, was dem Kunstverstand gar nicht zugänglich ist, die Offenbarung von etwas
Metaphysischem, ein geheimnisvolles Müssen, ein Schicksal. Er hat mit den materiellen
Grenzen der Einzelkünste nicht das geringste zu schaffen.
Eine Einteilung der Künste nach den Bedingungen der Sinnenwirkung an die Spitze stellen,
heißt also, das Problem der Form von vornherein verderben. S.284"

Spenglers Ansinnen ist zwar klar, er sieht Kunst als das Ergriffensein des Menschen von etwas, das er selbst nicht erklären kann. In der Ethnologie gab es immer das schöne Bild von Roß und Reiter. Der Mensch ist nicht der Reiter sondern das Roß, der Reiter, das ist die große Unbekannte, in der Ethnologie war das bei dem Betrachtungsgegenstand von schriftlosen Kulturen meistens eine Gottheit. Der Ergriffene ist nicht mehr er selbst sondern durch ihn spricht ein Geist, ein spirituelles Wesen oder ähnliches. Diese Ergriffenheit zeigte sich im Ritual und sonstigen Zeremonien.

Ich glaube, das dies Spengler mehr oder weniger intendiert hatte aber er kann das Problem, welches solchen Aussagen, das irgendwas Metaphysisches Einfluss auf den Menschen nimmt, nicht zufriedenstellend klären.

Schon die Frage, wie er selbst denn zu dieser Erkenntniss gekommen ist, wenn es dem Verstand gar nicht zugänglich ist, das bleibt als Problem völlig unerkannt.

Es spielt ja jetzt keine Rolle ob ich von Musik, Malerei oder Plastik spreche oder von jemand, der ein Buch über das Werden und Vergehen von Kulturen schreibt. Auch das geschieht ja nicht kontextlos sondern innerhalb einer bestimmten Zeitepoche. Die Thematik hatte ich schon in den ersten Beiträgen erwähnt.

Ebenso wie Ergriffenheit auch beim Schreiben eine Rolle spielt weil ja die Lösung für ein geistiges Problem ebenso als ein Geschenk, etwas was vom Himmel kommt, empfunden wird.

Prinzipiell ist es schlecht, wenn man etwas Metaphysisches postuliert. Mit dem Aufkommen der Postmoderne wurden solche Konstrukte schnell als Herrschaftskonstrukte abgestraft.

Insofern hat Spengler hier keine Chance als Autor ernst genommen zu werden. Aber man muß halt die Zeit berücksichtigen. Zu seiner Zeit war diese Problematik noch nicht ins Bewußtsein der Wissenschaft gerückt.

Und dann natürlich braucht Spengler nicht das Kinde mit dem Bad ausschütten. Selbstverständlich ist die Einteilung in verschiedene Kunstformen sinnvoll, und dennoch kann auch Spengler's Idee des Vergleichs der jugendlichen Malerei im Abendland mit der jugendlichen Malerei im antiken Griechenland richtig sein. Wenn es diese Einteilung in verschiedene Kunstformen nicht gäbe, dann hätte sie Spengler auch gar nicht erst für sein eigenes Werk verwenden können.

Damit soll es erst einmal genug für heute sein.

von onlineredakteur @ 25.10.11 - 17:11:35

Der Untergang des Abendlandes - Fortsetzung Teil 15 (2011)

So, heute kommt eins der zentralen Aussagen von Spengler in einem Zitat. Hier wird seine Weltsicht deutlich, seine Absicht.

"Stile folgen nicht aufeinander wie Wellen und Pulsschläge. Mit der Persönlichkeit einzelner
Künstler, ihrem Willen und Bewußtsein haben sie nichts zu schaffen. Im Gegenteil, der Stil
ist es, welcher den Typus des Künstlers schafft. Der Stil ist wie die Kultur ein Urphänomen
im strengsten Sinne Goethes, sei es der Stil von Künsten, Religionen, Gedanken oder der Stil
des Lebens selbst. So gut "Natur" ein immer neues Erlebnis des wachen Menschen ist, als
sein alter ego und Spiegelbild in der Umwelt, so der Stil. Deshalb kann es im historischen
Gesamtbilde einer Kultur nur einen, den Stil dieser Kultur, geben. Es war falsch, bloße
Stilphasen wie Romanik, Gotik, Barock, Rokoko, Empire als eigene Stile zu unterscheiden
und mit Einheiten von ganz anderem Range wie dem ägyptischen, chinesischen Stil oder gar
einem "prähistorischen Stil" gleichzusetzen. Gotik und Barock: das ist Jugend und Alter
desselben Inbegriffs von Formen, der reifende und der gereifte Stil des Abendlandes. Es fehlt
unserer Kunstforschung in diesem Punkte an Distanz, an der Unbefangenheit des Blickes und
dem guten Willen zur Abstraktion. Man hat es sich bequem gemacht und alle stark
empfundenen Formgebiete unterschiedslos als "Stile" aufgereiht. Daß auch hier das Schema
Altertum-Mittelalter-Neuzeit den Blick verwirrte, braucht kaum erwähnt zu werden. In der
Tat steht selbst ein Meisterwerk der strengsten Renaissance wie der Hof des Palazzo Farnese
der Vorhalle von St. Patroklus in Soest, dem Innern des Magdeburger Doms und den
Treppenhäusern süddeutscher Schlösser des 18. Jahrhunderts unendlich viel näher als dem
Tempel von Pästum oder dem Erechtheion. S. 265f."

Spengler gibt sich viel Mühe, seine Sichtweise zu untermauern aber ich glaube, er hat wie so häufig das Kind mit dem Bade ausgeschüttet.

Die bereits entwickelte Sichtweise von Altertum-Mittelalter-Neuzeit muß gar nicht im Widerspruch zu seinen eigenen Ansichten stehen. Nämlich wenn Spengler erkannt hätte, das es so etwas wie Entwicklung gibt, von einem Zeitalter zum nächsten.

Da Spengler aber nur eine horizontale Entwicklung sah, nämlich die von Geburt-Kindheit-Jugend-Alter und keine vertikale im Sinne von immer umfassender, immer bewußter werdend, lehnte er diese Betrachtung der Entwicklung jedweden Phänomens, sei es nun Architektur, Wirtschaft, Mathematik mit der Angabe von Altertum-Mittelalter-Neuzeit ab.

Das läßt dann die Frage offen, ja was ist denn der Stil, wie kann er in der Lage sein, Künstler zu beeinflussen und nur so und nicht in die andere Richtung.

Das ist natürlich nicht haltbar, statt nur eine Richtung zu sehen, muß man zwei Richtungen sehen. Der Künstler beeinflusst den Stil und der Stil, das Zeitalter in dem er lebt beeinflußt ihn. Es sind zwei Prozesse zur gleichen Zeit, die da stattfinden.

Spengler kann nirgendwo auch nur ansatzweise aufzeigen, wo denn nun sein Stil, oder die Kultur herkommt, die da als Urphänomen so auftaucht und den Menschen beeinflussen soll.

Selbstverständlich tut sie das aber in ständiger Wechselwirkung mit den Menschen, die die Kultur ja erst hervorbringen.

von onlineredakteur @ 24.10.11 - 21:04:31

Der Untergang des Abendlandes - Teil 14 (2011)

So, nach geraumer Zeit wieder eine Bemerkung zum Buch von Oswald Spengler.

Heute eine eher amüsierende Geschichte, ich glaube, wirklich ernst kann man diese Äußerung von Spengler nicht nehmen:

"In China tritt an die Stell der mächtigen Pylonenwand, die mit der engen Pforte dem
Nahenden entgegendroht, die "Geistermauer" (yin-pi), die den Eingang verdeckt. Der Chinese
schlüpft in das Leben, wie er von da an das Tao des Lebenspfades verfolgt; und wie das Niltal
zu den Hügelebenen der Landschaft am Hoangho, so verhält sich der steinumschlossene
Tempelweg zu den verschlungenen Pfaden der chinesischen Gartenarchitektur. Ganz ebenso
knüpft sich das euklidische Dasein der antiken Kultur in geheimnisvoller Weise an die vielen
kleinen Inseln und Vorgebirge des Ägäischen Meeres, und die stets im Unendlichen
schweifende Leidenschaft des Abendlandes an die weiten fränkischen, burgundischen,
sächsischen Ebenen. S. 262"

Was Spengler zum Ausdruck bringen will, ist, das sich Denken oder wie ich sagen würde, Bewußtsein, der momentane Bewußtseinsstand, in allen Facetten des Lebens, so eben auch in der Architektur zum Ausdruck kommt.

Was er aber hier mit reinnimmt, ist, so ganz nebenbei einen Einfluß der Natur, dem Klima auf Denken und Kultur der Menschen. Es mag durchaus Zusammenhänge geben, aber in welchem Verhältnis die stehen und was genau von der Natur auf welchen Bereich im menschlichen Denken wirkt, das thematisiert Spengler nicht.

So bleibt es völlig unverständlich warum gerade die Ebenen in Deutschland ausschlaggebend sein sollen für die Leidenschaft der Abendländer ins Unendliche zu schweifen.

Nicht, das man das nicht so sehen könnte, aber es gibt genügend Gebirge, die diese Ebenen unterbrechen, die ebenso einen Einfluss haben könnten und warum sollte dies nicht auch eine Rolle spielen?

Man gewinnt also mehr den Eindruck, das Spengler hier willkürlich etwas auswählt um seine Theorie zu halten. Aber wirklich überzeugend ist das nicht.

Interessant ist es aber schon, wie Spengler alles mögliche heranholt um es mit seiner Theorie zu vereinbaren.

von onlineredakteur @ 21.10.11 - 22:05:10